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  Entwicklung bis zur Gegenwart
 

Ab etwa 1994 wandte sich der Underground immer mehr vom Trance ab und orientierte sich wieder vermehrt härteren technoiden Klängen oder dem rhythmusbetonten Minimalismus des Minimal Techno. Ein besonders eigenes Profil entwickelte der Psychedelic Trance (auch Goa oder Psytrance), dessen Anhänger anders als der Großteil der restlichen Technoszene in ihrem Lebensstil und ihrer "Philosophie" stark in der Hippie-Kultur verwurzelt waren, diese jedoch mit der modernen Technologie und einem gewissen Hang zur Science-Fiction verbanden. Goa-Partys waren besonders in Europa eine populäre Ausprägungsform von Techno-orientierter Musik Mitte bis Ende der 1990er Jahre. Gleichzeitig multiplizierten jedoch auch die Großveranstaltungen wie Mayday und Love Parade ihre Besucherzahlen, was begleitet von einer gewissen Kommerzialisierung war. Selbst nicht-melodische Technotracks waren vermehrt in den Charts vertreten.

Als Gegenbewegung entwickelte sich, ebenfalls Mitte der 1990er, der sogenannte Intelligent Techno, der wegen seiner Vielfalt an Taktarten, komplexen Rhythmen, Industrial und vom Ambient beeinflussten Geräuschorgien und Einflüssen aus den verschiedensten Musikrichtungen kaum noch in die Schublade Techno im engeren Sinne einzuordnen war. Konsequenterweise etablierte sich für diese Art der Musik Ende der 1990er der Begriff Intelligent Dance Music (IDM). Hauptvertreter waren und sind Künstler wie Aphex Twin und Autechre.

Ab den späten 1990er Jahren flaute der Techno-Boom stufenweise ab. Das Angebot an großen Raves sank und viele einflussreiche Labels stellten ihre Aktivitäten ein. Partys verlagerten sich vermehrt von alten Lagerhallen in herkömmliche Clubs. Dennoch entwickelte sich Techno weiter und vermischte sich mit anderen Musikstilen. Während in Großbritannien und den Niederlanden um die Jahrtausendwende Trance in neuer Form („Dutch Trance“ mit Tiësto und Armin van Buuren) eine Renaissance feierte, entwickelte sich die Techno-Musik in Mitteleuropa stärker in langsame und minimale Bereiche.

Die rasante Entwicklung von Software-Programmen und das Sampling per Computer brachten neue Produktionsmethoden, die elektronische Musik mit unzähligen verschiedenen Geräuschen und Effekten ermöglichte. Begriffe wie Clicks & Cuts machten die Runde. Einmal mehr spielte Richie Hawtin eine wichtige Rolle, als er 2001 mit „Closer To The Edit“ ein Werk veröffentlichte, bei dem er viele Produktionen anderer Künstler zerschnitt und in Form von Samples und Loops neu zusammensetzte. 2002 führte Akufen (Marc Leclair) mit seinem Album „My Way“ das Konzept des Microsampling ein, bei dem man möglichst kurze Ausschnitte unterschiedlichster Herkunft (in seinem Fall vorrangig von einem alten Kurzwellenempfänger) für neue Rhythmusstrukturen verwendet. Erste Ansätze dieser Technik finden sich allerdings schon bei Error 129, die mit dieser Technik schon 1996 ihre EP Controlled Voice (Telepathic Records) produzierten.

Des Weiteren fand innerhalb der Techno-Szene vielerorts eine Rückkehr zu den Wurzeln statt und Klang-Elemente, die sich deutlich stärker an der EBM der 1980er Jahre denn am Techno-Sound der 1990er orientierten, fanden den Einzug in die Clubs (unter anderem durch Produzenten wie Johannes Heil, DJ Hell, Thomas P. Heckmann oder Luke Slater). Das Aufgreifen von Kraftwerk- und Electro-Funk-Sounds begünstigte zudem eine neue Welle an Electro-Veröffentlichungen, renommierte Produzenten wie Sven Väth oder WestBam brachten vereinzelt Tracks im Electro-Gewand auf den Markt, weitere Produzenten wie Anthony Rother spezialisierten sich grundsätzlich auf diesen Stil.

Einige Produzenten und DJs aus den Anfangstagen orientierten sich neu, begannen wieder vermehrt zu experimentieren und besannen sich auf die Zeit vor dem Hype, während andere Künstler vollständig aus dem Licht der Öffentlichkeit verschwanden. Nur wenige Plattenlabels vermarkten derzeit konventionelle Techno-Veröffentlichungen und entsprechend gering ist die Anzahl der Newcomer, die den Durchbruch auf internationaler Ebene schaffen. Zum Teil machte sich Verdrossenheit breit, andere verspürten wieder vermehrt eine Art Aufbruchstimmung. Mehrere Produzenten äußerten sich positiv zur Entwicklung und kommentierten sie damit, dass diejenigen übrig bleiben, die es ernst meinen (und nicht in erster Linie aus finanziellen Gründen in die Techno-Szene gelangt sind).

Im deutschsprachigen Raum übernahm Ellen Alliens Berliner Label BPitch Control mit neuen Acts wie Paul Kalkbrenner und Modeselektor eine wichtige Rolle. Seit 1994 ein konstanter Wert ist das Kanzleramt-Label von Heiko Laux mit dem relativ neuen Aushängeschild Alexander Kowalski. Im Bereich des minimalen Techno sind das 1998 von Steve Bug gegründete Label Poker Flat Recordings und das Kölner Label Kompakt zu festen Größen geworden. Nach dem Konkurs seiner szeneprägenden Labels Eye Q und Harthouse im Jahre 1997 veröffentlicht auch Sven Väth seit 2002 wieder 12"-Schallplatten verschiedener Künstler auf einem eigenen Label (Cocoon Recordings).

Insgesamt kann man sagen, dass sich Techno heute von der vorherrschenden Avantgardebewegung innerhalb der Popmusik, die sie in der ersten Hälfte der 1990er Jahre war, zu einer Musikrichtung mehr in einer vielfältigen Gesamtmusikszene entwickelt hat. Dennoch dominieren Techno und House nach wie vor den Markt in der elektronischen Tanzmusik und der elektronischen Musik überhaupt. Stile wie Drum ’n’ Bass, 2 Step oder Electroclash, die kurzzeitig in den Medien gehypt wurden, stehen weiterhin weit hinter seiner Popularität

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